Gummiseile, Hügel, und viele Schafe

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Eigentlich war ich ja noch garnicht richtig in Neuseeland – ich bin in Wellington gelandet, und seitdem eigentlich nur auf Bürgersteigen, in Büroräumen und Kneipen rumgerannt. Da mussten schon zwei Deutsche herfliegen, um mich aus meinem Kiwi-Alltag in die grünen Weiten der Nordinsel zu zerren. Und so habe ich meine Schwester Mona und ihren Freund Carsten letzte Woche von der Fähre abgeholt, voll bepackt für einen 10-tägigen Trip. Die beiden waren froh, endlich wieder in einer Stadt zu sein, die nicht um zehn abends alle Bürgersteige hochklappt (ohne Witz, neuseeländische “Städte” sind erschreckend…unbevölkert, vor allem in der Nebensaison). Nach dem üblichen Programm (und typischem Welly-Wetter: vier Jahreszeiten an einem Tag) gings dann ab in die Hügel Richtung Norden mit unserem orangen spritfressenden Holden (so nennen sich hier komischerweise die Opels). Als Europäer muss man sich erstmal daran gewöhnen, dass die Sehenswürdigkeiten hier eher “erlebt” als “abgehakt” werden – als das zuletzt entdeckte Land der Erde hat Neuseeland eher Natur als Geschichte zu bieten (das älteste Haus der Insel ist aus dem 18ten Jahrhundert, während selbst die Dieburger Eisdiele um die Ecke in einem Fachwerkhaus von 1406 sitzt). Das wird aber alles durch ein umfangreiches Angebot von Freizeitsport kompensiert, und so haben wir unser erstes Sightseeing am Lake Taupo kopfüber und mit dickem Gummiseil an den Füßen gemacht. Wobei Bungee hier schon fast als gemäßigt gilt, die Kiwis schmeißen sich eigentlich überall runter oder rein: Skydiving, Wakeboarding, Abseiling, Mountainboarding (ja, richtig gelesen). Am Nachmittag haben wir dann eine gemütliche Flußbesichtigung gemacht – mit 35 Knoten und 270°-Drehungen im Speedboat. Weiter gings nach Roturoa, welches gefährlich nahe an einem aktiven Vulkangürtel liegt, der sich durch die ganze Nordinsel zieht. Daher blubbert und zischt der Boden hier etwas, und alles stinkt nach verfaulten Eiern. Macht aber angeblich eine schöne Haut (haben wir im Schwefelschwimmbad getestet) und sieht dazu noch so außergewöhnlich aus: wo sieht man sonst schon mal neongelbe und rostrote Tümpel, Geysiere und dampfende Mondkrater-Landschaften. Das wohl faszinierendste Erlebnis war eine Wanderung durch die Waitomo-Caves, eine unterirdische Höhlenlandschaft mit ganzen Hallen von Stalagtiten. In den wirklich dunklen Ecken sieht man Glühwürmchen, die zu tausenden von der Decke hängen – und ihren eigenen Sternenhimmel leuchten – unglaublich! Der wohl schönste Ort bis jetzt waren die “Bay of Islands” am nördlichsten Zipfel der Insel – eine kleine Bucht mit einsamen Stränden und ein bisschen Südsee-Feeling. Dort sind wir dann mit einem Catamaran rausgesegelt, um zu schnorcheln, faul in der Sonne zu liegen – und Delfine zu gucken! Fast noch interessanter war es aber, den anderen Touristenbooten zuzusehen: Die lassen Netze voller Touristen (sic!) ins Wasser, sobald die erste Delfin-Flosse auftaucht (mit Megaphon und Armee-Ton) – zum Schwimmen mit Delfinen. Die Delfine wiederrum verziehen sich meistens auf genau die andere Seite des Bootes, und die Netze werden wieder eingeholt – ein göttliches Schauspiel. Den Abschluss unseres Trips hatten wir dann in der so ziemlich einzigen Großstadt von NZ, Auckland. Ich weiß nicht so wirklich, was ich von Auckland halten soll (als Wellingtonian darf ich sie ja eigentlich garnicht mögen…). Sehr großflächig, laut, hat aber auch einige Ecken mit Flair. So waren wir im Stadtteil Parnell essen, wo alle Restaurants in umgebauten viktorianischen Villen untergebracht sind – sehr schick. Lobenswert zu erwähnen ist das Auckland War Memorial Museum (eine Kombi aus Naturkunde, Geschichte und Kriegsdenkmal) – und auch generell Museen in NZ: kostenloser Eintritt, sehr informativ und schön aufbereitet. Ein Highlight war die Simulation eines Vulkanausbruchs vor der Aucklander Küste, aus der Wohnzimmer-Perspektive mit (projektierten) Blick auf den Hafen – und “Live”-Nachrichten aus dem Fernseher. Auckland ist fast ausschließlich auf aktiven Vulkanen gebaut (56 an der Zahl), und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Bewohner den Aschefeger auspacken müssen – aber es kümmert da keinen so richtig. Naja, kaum an die endlosen Autofahrten, Schafe und Vulkane gewöhnt, da war der Trip auch schon vorbei – Mona und Carsten sind wieder in den deutschen Herbst geflogen (hehe). Die gute Seite: Ich durfte endlich wieder ins Internet (hab es tatsächlich eine Woche ohne Laptop ausgehalten!), und habe fast den ganzen folgenden Tag damit verbracht, meine 700 Spams und 600 RSS-News durchzugucken. Achja, falls ihr die dezenten Links im Text übersehen habt: hier gibts noch ein paar Fotos zum Neidischmachen gg